Samstag, 20. September 2014


Es sind unsere /eure Kinder, die unter Armut leiden!

Artikel 26: „Du hast das Recht, von den sozialen Sicherungssystemen Deines Staates unterstützt zu werden.“

Düsseldorf;
Sascha ist 15 Jahre alt, er hat eine Katze und zwei Meerschweinchen, eine fürsorglichealleinerziehende Mutter und seit Weihnachten ein Handy. Sonst hat der Junge, der eine Hauptschule besucht und in einer mittelgroßen Stadt lebt, nicht viel. Sascha ist ein Hartz-IV-Kind. Seine Mutter lebt wie etwa 3,8 Prozent der Alleinerziehenden von staatlichen Unterhaltszahlungen, und er gehört zu den 1,2 Millionen Kindern in Deutschland, die Unicef zufolge als arm gelten.

All das, was andere Kinder haben, hat Sascha nicht. Weder eine Spardose noch einen Computer, keine Turnschuhe mit sauberer Sohle für den Sportunterricht
und kein Geld, um ins Schwimmbad zu gehen.
Er kann weder Urlaubsfotos auf Facebook stellen, noch kann er sie den Klassenkameraden vorzeigen. Für Urlaub reicht das Geld zu Hause nicht.
In den noch nicht lange zurückliegenden Sommerferien hat der Junge fast sechs Wochen auf der Bude gehockt, nur ein paar Tage hatte ihn seine Mutter in den Ferienspielen untergebracht. "Aber das war uncool", sagt Sascha.

Genauso wichtig und cool wie das richtige Handy sind Sascha Markenklamotten. Während seine Mutter für sich Second-Hand-Teile kauft, mag er nicht in fremder Leute Kleidung schlüpfen, das ekelt ihn. Da er mitten im Wachstum ist, benötigt er ständig neue Hosen und T-Shirts, Unterwäsche und Schuhe. Dass er mit seiner Mutter in eine Kleiderkammer geht, ist unvorstellbar.
"In der Schule lachen sie diese Kinder aus", sagt Sascha. Über Geld redet er nicht gerne. Er schämt sich dafür, dass seine Mutter und er so arm sind, dass sie kein Auto haben, kein Haus.

Saschas Schilderungen zeigen, dass Kinderarmut relativ ist.
Für gewöhnlich leiden arme Kinder hierzulande nicht Hunger, sie haben ein Dach über dem Kopf und gehen zur Schule. Das soziale Sicherungssystem befindet sich im internationalen Vergleich auf hohem Niveau. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt rangiert Deutschland bei den Sozialausgaben mit 29,4 Prozent auf Rang sieben der 28 EU-Staaten.
Am meisten geben Dänemark (32,8 Prozent), Frankreich (32 Prozent) und die Niederlande (30,3 Prozent) aus. Der EU-Durchschnitt liegt bei 28,1 Prozent.

Nach den geltenden Hartz-IV-Regelsätzen hat Sascha Anspruch auf 296 Euro im Monat (Satz für Jugendliche von 14 bis 18 Jahren), seine Mutter auf 391 Euro (Satz für Alleinstehende und Alleinerziehende). Für Kinder bis sechs Jahren erhalten Familien 229 Euro, für Kinder von sechs bis 14 Jahren sind es 261 Euro.

Diese Regelsätze werden Jahr für Jahr überprüft - eine Anweisung des Bundesverfassungsgerichts.

Doch wie berechnen sich die Sätze?
Es handelt sich dabei um einen sogenannten Mischindex: Zu 70 Prozent wird dabei die relevante Preisentwicklung eingerechnet, zu 30 Prozent die Nettolohnentwicklung.
Außerdem übernimmt der Staat die Kosten für die Unterkunft. Zwar hat Saschas Mutter Anspruch auf Kindergeld, allerdings entschied das Bundesverfassungsgericht im März 2010, dass dieses auf Hartz IV angerechnet werden darf (Az.: 1 BvR 3163/09).

Dies macht deutlich, dass sich Armut hierzulande in anderen Formen darstellt - etwa in verminderten Bildungschancen oder geringerer sozialer Teilhabe. Der Gesetzgeber hat versucht, dies für Kinder durch das sogenannte Bildungspaket abzumildern. Auf Antrag werden Kosten für Schulausflüge übernommen, es gibt Zuschüsse für das Schulessen, für Nachhilfe, für Musikschule und Sportverein sowie für Schulmaterial.

Von seinen 20 Euro Taschengeld im Monat leistet sich Sascha schon mal eine Cola oder eine neue Kappe. Einmal hat er für ein Parfüm gespart. Neuerdings geht er in ein preiswertes Fitnessstudio, denn es ging ihm gesundheitlich nicht so gut. Den Monatsbeitrag in Höhe von 20 Euro zahlt seine Mutter. Sascha geht jetzt regelmäßig zum Krafttraining. Es stärke nicht nur die Muskeln, sagt er, sondern auch sein Selbstbewusstsein. In der Gegend, wo er wohnt, herrscht ein aggressives Klima, man muss sich zu wehren wissen. Sascha vermag nicht, zu sagen, wovon er träumt.
Aber er hat eine Hoffnung:
Dass die Kinder in seinem Viertel friedlich und zufrieden zusammenleben.
(Quelle: RP)

Bild von Daniel Schneider (12)
Er geht in Solingen auf die Geschwister-Scholl-Schule und will Profifußballer werden. Er findet, kein Kind sollte Hunger leiden.

Redaktionelle Anmerkung:
Wann,
gehen wir als Eltern aber auch "Nichtbetroffene" endlich für alle unsere Kinder auf die Straße?
Wann, erkennen auch die letzten Befürworter von Hartz IV- Sanktionen, das es unsere Kinder sind, die leiden müssen?
Wann erkennt auch der letzte, das wir uns schon lange vom Sozialstaat verabschiedet haben und es nie wieder ausreichend bezahlte Arbeit, für alle geben kann?
Wann erkennt auch der letzte, dass sich das Systhem ändern muss, wollen wir nicht eines Tages vor dem Scherbenhaufen einer Unsozialpolitik stehen, die nur an "Profit" dachte!

Euer
P.F.
 

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