Zu Unrecht verklagte Jobcenter 2 Hartz IV-Bezieher wegen Leistungsmissbrauch!
Der angebliche Leistungsbetrug stellte sich als "hausgemachte Jobcenter-Panne" heraus
Ein ehemaliger Erwerbsloser aus Stendal, der sein Arbeitslosengeld I
(ALG I) mit Hartz IV aufstocken musste, wurde vom Jobcenter wegen
Leistungsbetrugs verklagt. Der Behörde zufolge habe der Mann Leistungen
kassiert, obwohl er eine Arbeitsstelle
angetreten habe. Das Amtsgericht stellte jedoch am vergangenen Freitag
klar, dass sich der frühere Erwerbslose nichts zuschulden kommen lassen
habe. Eine Verwaltungspanne des Jobcenters sei der Grund für die
Überzahlung.
Wenn Jobcenter-Mitarbeiter telefonisch erreichbar wären, könnten zahlreiche Klagen vermieden werden werden
Ein 33-jähriger ehemaliger Leistungsbezieher musste sich wegen
vermeintlichem Leistungsbetrugs vor dem Amtsgericht verantworten. Das
Jobcenter warf dem Mann vor, im Juni 2013 versäumt zu haben, die Agentur
für Arbeit und das Jobcenter über den Antritt einer neuen Arbeitsstelle
zu informieren und somit unberechtigt bis zum September Leistungen in
Höhe von 1754,09 Euro kassiert zu haben. Die Anklage lautete deshalb auf
„Leistungsbetrug durch Unterlassung“.
Das Amtsgericht kam
jedoch zu dem Urteil, dass der 33-Jährige alles richtig gemacht habe.
Das Jobangebot sei sehr kurzfristig beim Angeklagten eingegangen - der
Arbeitsbeginn fiel bereits auf den Folgetag – und er habe daraufhin
entsprechend seiner Pflicht versucht, seinen Arbeitsvermittler
telefonisch zu erreichen. Da dieser aber für Klienten nicht per Telefon
erreichbar sei, habe der ehemalige Erwerbslose das Service Center der
Behörde in Halle angerufen. Dort sei er informiert worden, dass er die
falsche Stelle erreicht habe. Unter einer anderen Nummer, die man ihm
mitgeteilt habe, sei dann versprochen worden, seine Abmeldung vom
Leistungsbezug weiterzuleiten.
In der Gerichtsverhandlung erklärte
eine Arbeitsvermittlerin, dass die Informationsweiterleitung vermutlich
irgendwo steckengeblieben ist. So sei die Arbeitsagentur rechtzeitig
informiert worden, das Jobcenter aber erst wesentlich später, so dass
der Behörde nicht bekannt gewesen sei, dass der Angeklagte seinen
Arbeitsantritt fristgerecht mitgeteilt habe. Deshalb habe das unwissende
Jobcenter Strafanzeige gestellt.
Solche Pannen sind der
Arbeitsvermittlerin zufolge keine Seltenheit bei Leistungsbeziehern, die
ihr ALG I mit Hartz IV aufstocken. So musste sich das Gericht am selben
Tag noch mit einem zweiten ähnlich gelagerten Fall beschäftigen, der
ebenfalls zugunsten des Angeklagten entschieden wurde.
Jobcenter schotten sich ab
Wenn die Jobcenter-Mitarbeiter für ihre Klienten telefonisch erreichbar
wären, könnten solche Klagen vermieden werden. Seit einigen Jahren
schotten sich die Ämter aber zunehmend ab, so dass Hartz IV-Beziehern
nur die Möglichkeit bleibt, über das Service Callcenter ihr Anliegen
telefonisch vorzubringen. Häufig sind die Hotlines zudem
kostenpflichtig.
Rechtsanwalt Dirk Feiertag hatte im Januar 2013 vor dem
Verwaltungsgericht Leipzig auf Offenlegung der Durchwahlnummern der
Sachbearbeiter geklagt und Recht bekommen. Da das Jobcenter Leipzig
daraufhin in Berufung ging, ist der Fall derzeit noch nicht abschließend
entschieden.
Nach dem erstinstanzlichen Urteil hatte der
Arbeits- und Sozialrechtler Harald Thomé Durchwahlnummern der
Jobcenter-Mitarbeiter gesammelt und diese auf seiner Internetseite
veröffentlicht.
Nach Androhungen kostenintensiver Gerichtsverfahren
seitens einiger Jobcenter gab er das Projekt jedoch Anfang dieses Jahres
wieder auf.
Die Piraten-Partei setzt die Arbeit Thomés seitdem fort und
listet Telefonnummern von 134 Jobcenter auf ihrer Internetseite auf.
(Quelle: Gegen Hartz IV.de)
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