Fast 6 millionen Menschen in Deutschland jedes Jahr von Stromsperren bedroht!
Deshalb aus gegebenen Anlass:
Wirkungsvolle Tips:
Was kann ich bei angedrohter Stromsperre machen, wie umgehe ich sie und wie gewinne ich Zeit?
Vorab zur Info:
Eine
Sperre muss grundsätzlich 4 Wochen vorher angekündigt werden und 3 Tage
vorher, muss der Abschalttermin nochmals bestätigt werden! Somit
verbleibt in der Regel ausreichend Zeit diese abzuwenden!
Und:
Ein Anbieter hat immer ein Interesse daran seine Kunden zu binden und zu behalten. Gehen sie also hin und verhandeln sie.
So
kann auch der alte Vertrag zB: gekündigt werden und eine Ratenzahlung
auf die Restschuld vereinbart werden. Zeitgleich wird mit dem Versorger
ein neuer Vertrag geschlossen.
In schlimmen Fällen, wo wirklich auch die Grundversorgung von Kindern und Kranken gefährdet ist, sollte man auch den Mut aufbringen diesen Fall dann:
In den öffentlichen Netzwerken bei den Parteien, Zeitschriften sowie sozialen Netzwerken, aber auch bei den Plattformen der Versorger, bekannt zu machen!
Große Versorger wollen und müssen schlechte Publicity vermeiden und lenken häufig schnell ein!
°Wo bekomme ich kostenlose Hilfe? Wo kann ich mich melden?
Wie finde ich meine Beratungsstelle für Stromschulden vor Ort?
Mein persönlicher (weil am schnellsten und unkompliziert) Favorit;
°Kann ich durch einen Anbieterwechsel die Sperre vermeiden?
Ja,
ein sehr guter Schutz vor einer Sperre ist der Anbieterwechsel. Der
alte Stromversorger darf keinen Anschluß sperren, durch den er garnicht
liefert.
°Kann ich den Stromanbieter wechseln?
Ja, wechseln
Sie unbedingt den Stromanbieter. Jeder darf Ihnen Strom durch den Zähler
liefern, auch wenn Sie Schulden beim alten Stromlieferanten haben.
Manche
Stromanbieter machen das sogar bei schlechter Schufa. Vielleicht kann
auch ein anderes erwachsenes Familienmitglied Vertragspartner werden.
Schließlich hat er oder sie auch Anspruch auf Grundversorgung
(StromGVV).
°Wie wechsele ich den Stromanbieter?
Einen neuen Stromanbieter finden Sie bei den Vergleichsseiten.
Tip:
Wählen
Sie keinen Tarif mit Vorkasse und keinen mit Paketpreis. Der neue
Stromanbieter kündigt für Sie beim alten Stromanbieter. Das klappt
meistens.
Einen neuen Stromanbieter finden Sie z. B. bei www.HausPilot.de oder www.Verivox.de oder auf anderen Seiten im Internet.
°Kann ich dem Stromversorger Hausverbot erteilen und Zeit gewinnen?
Ja, wenn der Zähler in der von Ihnen gemieteten Wohnung oder in dem von Ihnen gemieteten Haus ist.
Der Versorger klagt dann aber auf Zutritt. Das ist teuer, bringt aber auch Zeit. (2-4 Monate)
Die Beratungsstelle für Stromschulden vor Ort finden Sie u.a. bei Sozialverbänden. (Branchenverzeichniss/ Google usw.)
Aber auch ihre Leistungsabteilung beim Jobcenter ist ein direkter Ansprechpartner und zur Beratung verpflichtet!
°Wo bekomme ich Hilfe, damit mein Strom billiger wird?
U.a.
beim Stromsparcheck der Verbraucherzentrale. Da gibt es kostenlose
Hilfsgeräte, aber auch bei dem Versorger selbst und den örtlichen
Sozialverbänden
°Wie finde ich meinen Stromsparcheck in meiner Nähe?
www.stromsparcheck.de
°Wo bekomme ich ein Härtefall-Darlehen?
Bei
Ihrem Jobcenter. Das Jobcenter gibt Ihnen ein Härtefall-Darlehen. So
können Sie die Sperre abwenden, wenn Sie Hartz-IV bekommen. Das Geld
wird Ihnen dann in der Zukunft in Raten abgezogen.
°Sperre bei Gas- und Strompreisboykotteuren
Wer
bei seinem Energieversorger Widerspruch gegen die Energiepreise
eingelegt hat, muss keine Versorgungssperre dulden. Es sei denn, dass
auch nach den alternativen älteren Preisen dem Energieversorger noch
Geld geschuldet wird.
Ist nach den alten Preisen alles auf dem
Laufenden und bezahlt, wäre eine Versorgungssperre unzulässig.
Androhungen von Versorgungssperren bei Strom- und Gaspreisboykotteuren
können gerichtlich abgewehrt werden.
°Sperre wegen Zahlungsschwierigkeiten
Eine
Versorgungseinstellung darf nur der örtliche Grundversorger vornehmen.
Andere freigewählte Vertragspartner dürfen dies nicht.
Auch die Einstellung der Versorgung durch den Grundversorger kann rechtswidrig sein.
°Besonders der Strom wird häufig abgestellt und oft rechtswidrig!
Die
StromGVV im deutschen Recht regelt, wann der Strom abgeklemmt werden
darf. Dazu müssen erstmal grundsätzlich mehr als 100 Euro nach § 19 III
Satz 4 und 5 StromGVV beim Stromlieferanten offenstehen.
Liegt der geschuldete Betrag darunter, ist eine Sperre in jedem Fall unverhältnismäßig.
Hier
muß die Rechnung des Versorgers genau kontrolliert werden. Es gibt aber
auch noch andere Gründe für eine Unverhältnismäßigkeit einer
Versorgungssperre.
Nach vorherrschender Rechtsauffassung muss der
Versorger immer erst ein milderes Mittel zur Versorgungssperre suchen
und Sicherheitsleistungen fordern oder auf Vorkassensysteme umstellen.
Schließlich
sollte jeder Mensch Strom oder Gas haben und nicht um Jahrhunderte in
ein Leben ohne Kühlschrank, Fernsehen, Radio, Waschmaschine, Herd,
Licht, warmes Wasser ect. zurückversetzt werden.^
°Sperre bei Krankheit oder Kindern?
Die
Sperre kann unverhältnissmäßig sein, wenn der Betroffene krank ist oder
in der Wohnung minderjährige schulpflichtige Kinder leben. Bei jungen
Kindern gilt generell der Grundsatz, das nicht gesperrt werden darf!
Schließlich regelt § 19 III StromGVV auch, daß eine Versorgungssperre
unverhältnismäßig ist, wenn die Folgen der Unterbrechung außer
Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde
darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen
Verpflichtungen nachkommt.
>Eine solche Unverhältnismäßigkeit
wegen zu schwerer Folgen durch die Sperre ist zum Beispiel gegeben, wenn
Medikamente gekühlt werden müssen oder Kinder nicht mehr versorgt
werden können.<
°Sperrandrohung, was tun?
In diesem Fall
sollten Sie unbedingt einen Termin mit der Leistungstelle ihres
Job-Centers vereinbaren, damit diese Ihren Fall prüfen können. Oder,
Beratungshilfe beim Rechtsanwalt in Anspruch nehmen. In den meisten
Fällen gelingt es, die Versorgungssperre abzuwehren oder Wege zu finden,
daß der Strom wieder angestellt wird.
In ganz dringenden Fällen hilft der Eilrechtsschutzantrag bei Gericht:
°Zur Abwehr der Sperre sind folgende Unterlagen bei Gericht oder Anwalt aber auch Sozialverbände hilfreich:
>bei Sperrandrohung:
letzte Strom oder Gasabrechnung
Kontoauszüge oder Einzahlungsbelege darüber, was bezahlt ist
eventuell ärztliches Attest und Meldebescheinigung der Kinder.
1ster oder 2ter Wohnsitz der Kinder ist dabei unerheblich, denn es
zählt nur die Tatsache, das Kinder versorgt werden müssen. Diese
Frage kann zum Beispiel bei Wechselmodell oder regelmäßigen
Umgangskontakten relevant sein.
>für den Prozesskostenhilfeantrag:
Mietvertrag
Einkommensbelege (ALG II-Bescheid oder ähnliches)
°Sperre der Grundversorgung rechtswidrig?
Der
Grundversorger muss seinen Verpflichtungen aus der Grundversorgung
nachkommen und für eine möglichst sichere, preisgünstige,
verbraucherfreundliche Versorgung der Allgemeinheit mit Energie sorgen
(§§ 1 und 2 EnWG).
Im Europarecht steht zu dieser Frage in der EG RL 2003/54/EG:
"Die
Mitgliedsstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden
und tragen insbesondere dafür Sorge, dass für schutzbedürftige Kunden
ein angemessener Schutz besteht, einschließlich Maßnahmen zur Vermeidung
eines Ausschlusses von der Versorgung."
Diese Richtlinie wurde
bisher aufgrund des Einflusses der Energiewirtschaft nicht vollständig
in deutsches Recht umgewandelt. Sie muss aber mindestens zur Auslegung
der deutschen Vorschriften Anwendung finden.
Doch auch aus dem
deutschen Recht direkt ergeben sich mildere Mittel zur Einstellung der
Versorgung, siehe § 14 StromGVV. Der Grundversorger kann zum Beispiel
über Münzautomat oder andere Prepaidsysteme die Grundversorgung gegen
Vorkasse gewährleisten. Schließlich schlägt der Gesetzgeber dieses
mildere Mittel zur ultima ratio Stromsperre selbst vor:
§ 14 IV StromGVV
Statt
eine Vorauszahlung zu verlangen, kann der Grundversorger beim Kunden
einen Bargeld- oder Chipkartenzähler oder sonstige vergleichbare
Vorkassensysteme einrichten.
Leider ist diese Auffassung nicht
allen Richtern zu vermitteln, da die Gesetzesänderungen in den
speziellen Verordnungen noch nicht durchgedrungen sind. Schließlich wird
auch die Literatur zu diesem Thema von Professoren und Rechtsanwälten
verfasst, die der Energiewirtschaft nahestehen oder sogar auf der
Gehaltsliste von Versorgungsunternehmen stehen oder standen.
Selten
wird daher leider mangels Aufklärung nach alter Rechtslage entschieden
und vereinzelte Richter fordern einen Nachweis der Zahlungsfähigkeit.
Dies halte ich für eine falsche Rechtsauffassung, die zum Glück von den
meisten Richter nicht geteilt wird.
Schließlich regelt § 19 III
StromGVV auch, dass eine Versorgungssperre unverhältnismäßig ist, wenn
die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der
Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende
Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt.^
°Darf der Vermieter den Strom abdrehen?
Ist
der Mietvertrag beendet, kann der Vermieter die Versorgung einstellen.
Dies ergibt sich aus Treu und Glauben zumindest dann, wenn der Vermieter
kein Entgelt mehr erhält ( BGH Urteil 06.05.2009 VII ZR 137/07 ). Ein
"Ausfrieren des Zahlungssäumigen" durch ein Abstellen der Versorgung ist
im laufenden Mietvertrag unzulässig. Dies ist verbotene Eigenmacht,
gegen die eine einstweilige Verfügung möglich ist.
Euer
P.F.
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