Freitag, 24. Oktober 2014


Jobcenter lässt keine Zeit für Trauer
Gerade verstorben, noch nicht beerdigt und
Jobcenter schickt Forderungen

Über das Leichlinger Rathaus beklagt sich Heike P. zurecht!
Die 81-jährige Mutter der Hartz IV-Empfängerin ist kürzlich verstorben. Zur Trauerfeier wurde mit einer Anzeige eingeladen.

Die eigentliche Beerdigung soll aber noch im Familienkreis stattfinden: "Meine Mutter ist noch nicht beerdigt, und schon meldet sich die Jobagentur und fragt nach meinem Erbe. Das ist doch pietätlos", beklagt sich die Bürgerin.

Sie wolle das Arbeitsamt nicht betrügen und werde selbstverständlich das Erbe, das ihr zustehe (etwa 7000 Euro) dann auch zuerst verbrauchen, bis sie wieder den vollen Hartz IV-Satz beantragen werde. "Es geht mir hier um den Stil des Umgangs", verdeutlicht die 52-Jährige, die zur Zeit wegen einer Erkrankung ihren Beruf nicht ausüben kann. Nicht nur, dass die Mutter "noch nicht unter der Erde" sei, es habe auch noch keine Testamentseröffnung und demzufolge auch noch keinen Erbschein gegeben.

"Ich habe der Jobagentur das mitgeteilt. Man hat mir gesagt, dass man sich erneut bei mir meldet. Aber ich hätte von vorneheim erwartet, dass sich das Jobcenter an eine gewissen Pietätszeit hält", sagt die Leichlingerin.

Nun ist das Jobcenter zwar mit seinen Ansprechpartnern im Rathaus Leichlingen untergebracht. Zuständig ist aber die Zentrale in Bergisch Gladbach. Michael Schulte, Geschäftsführer der Jobcenter im Rheinisch-Bergischen Kreis, sagt zu der Beschwerde aus Leichlingen: "So sollte es nicht sein. Eine gewisse Trauerzeit und ein respektvolles Umgehen mit der Situation unserer Leistungsempfänger setzen wir eigentlich voraus." Er könne die Beschwerde deshalb nachvollziehen, betont Schulte.

Allerdings müsse auch bedacht werden, dass einige, wenige Leistungsempfänger auch versuchten, zu betrügen, gibt der Geschäftsführer zu bedenken. Er sagt aber auch: "Der überwiegende Teil betrügt nicht." Von den insgesamt 8600 Bedarfsgemeinschaften mit 12 000 erwerbsfähigen Leistungsempfängern im Rheinisch-Bergischen Kreis seien im vergangenen Jahr nur zwei Personen wegen vorsätzlichen Betruges von den Jobcentern angezeigt worden.

Weitere 33 Vorgänge seien an den Zoll, der auch für die Ermittlungen zur Schwarzarbeit zuständig sei, weitergeleitet worden, berichtet Schulte. Grundsätzlich seien natürlich alle Veränderungen im Einkommen, wie ein Erbe, eine Schenkung, natürlich eine Arbeitsaufnahme anzeigepflichtig beim Jobcenter, betont er. In Verdachtsfällen gehe das Jobcenter Hinweisen von Nachbarn nach, wobei man aber unterscheiden müsse, ob sich hinter einer solchen Meldung nur ein Nachbarschaftsstreit verberge.

Ansonsten gebe es den regelmäßigen Datenabgleich mit den Sozialversicherungsträgern. Besuche in Haushalten von Hartz IV-Beziehern können laut Schulte zwar zur Bedarfsermittlung erfolgen: "Wir ermitteln aber nicht. Unsere Besuche sind immer angemeldet, und wir kommen nur mit dem Einverständnis der Leistungsempfänger in die Haushalte", verspricht er.

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