Super-Gau: Jobcenter Konstanz lässt Kinder Obdachlos werden!
Sozialarbeiter vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und der Wohnungslosenhilfe AGJ schlagen in Konstanz Alarm:
Entscheidungen des Jobcenters verschärfen die Lage für
Hartz-IV-Empfänger auf dem sowieso schon extrem schwierigen
Wohnungsmarkt. Sie fordern das Jobcenter auf, alle Ermessensspielräume
zu nutzen, um Obdachlosigkeit unter Hartz-IV-Empfängern zu vermeiden. „Der Wohnungserhalt muss das oberste Ziel sein“, sagt Jörg Fröhlich von der AGJ.
Hartz-IV-Empfänger finden nur schwer eine Wohnung
Claudia Eisenmann, Teamleiterin des Fachbereichs Beratung beim SkF, und
Sozialarbeiterin Gabriele Lorenz schildern den Fall einer
Alleinerziehenden mit zwei Kindern, die ihre Wohnung verlor, weil das
Jobcenter nach einem halben Jahr nicht mehr die Differenz zwischen der
als angemessen angesehenen Miete und dem tatsächlichen Preis bezahlte.
Die 90 Quadratmeter große Wohnung der ehemals gut verdienenden Frau
kostete 1200 Euro warm, drei Personen stehen aber nach der
Jobcenter-Tabelle nur 75 Quadratmeter zu 577 Euro Kaltmiete zu. Die
Eltern haben jetzt die Familie in ihrer Zweizimmerwohnung aufgenommen.
Die Suche nach einer eigenen Wohnung, die dem Förderpreis des Jobcenters entspricht, dauert an.
Wenn Alleinerziehende und ihre Kinder das Obdach verlieren:
Eisenmann kann nicht verstehen, warum das Jobcenter durch das Einstellen der Zusatzzahlungen den Verlust der Wohnung hinnahm.
Eine Witwe und ihre Kinder werden ebenfalls Obdachlos
In einem anderen Fall habe eine Witwe mit drei Kindern eine Wohnung,
die preislich innerhalb der Fördergrenzen gelegen hätte, nicht bekommen,
weil das Jobcenter nicht bereit gewesen sei, die Maklergebühr als
Darlehen vorzustrecken.
Katja Thönig, Bereichsleiterin der
Geschäftsstellen Konstanz und Singen des Jobcenters, äußert sich nicht
zu konkreten Fällen. Sie sagt aber allgemein, das Jobcenter könne als
Darlehen Mietschulden übernehmen, um den Verlust einer Wohnung zu
verhindern, allerdings erst, wenn die Kündigung anstehe.
So seien
auch schon Wohnungsräumungen abgewendet worden. In ganz seltenen Fällen
sei auch über die sechs Monate hinaus die Zahlung der Differenz zwischen
angemessen erachteter und tatsächlicher Miete gezahlt worden,
allerdings nicht weit über alle gesetzten Maße. In der Regel gelte: Die
ersten sechs Monate übernehme das Jobcenter die Miete, egal wie hoch die
Differenz zum Angemessenheitssatz sei, aber nur für diese Zeit. Die
Klienten würden darüber aufgeklärt. Sie müssten sich um neuen Wohnraum
kümmern, notfalls auch außerhalb der Stadtgrenzen. Maklergebühren würden
in der Regel auch nicht als Darlehen übernommen, nur in ganz besonderen
Ausnahmefällen.
„Wenn die Wohnung fehlt, wird alles noch schwerer“
Thönig versichert, es sei auch im Interesse des Jobcenters, dass die
Klienten ihre Wohnungen behalten. Ziel sei es, die Menschen in Arbeit
und ein finanziell selbstständiges Leben zu bringen. „Wenn die Wohnung
fehlt, wird alles noch schwerer.“
Andererseits sei das
Jobcenter an gesetzliche Grenzen gebunden. In Konstanz werde als Maßstab
für angemessene Unterkunftskosten der qualifizierte Mietspiegel
herangezogen. Konkret liegen die Preise, die das Jobcenter pro
Quadratmeter Kaltmiete zahlt, je nach Wohnungsgröße zwischen 7,50 und
8,80 Euro. Da wegen langer Wartelisten geförderter Wohnraum kurzfristig
nicht zur Verfügung steht, sind Mieter gezwungen, auf dem freien Markt
zu suchen. Dort seien in Konstanz Angebote, die in die vom Jobcenter
tolerierten Preise fallen, extrem rar, bestätigt Herbert Weber,
Vorsitzender des Bodensee-Mieterbunds. Er geht davon aus, dass sich das
Jobcenter immer am untersten Rahmen der Werte im Mietspiegel orientiert.
„Er hat ja eine Spanne.“ Erschwerend komme hinzu, dass dieser jeweils
den Markt der vergangenen vier Jahre abbildet. Aktuelle drastische
Preissprünge bei Neuvermietungen fielen erst bei der nächsten Auflage
ins Gewicht.
Herbert Weber erwartet mit dem neuen Mietspiegel,
der im März 2016 herauskommen soll, einen „Quantensprung“ bei den
Mietpreiswerten. Sozialarbeiter vom SkF und der AGJ fordern schon jetzt
vom Jobcenter, die höchst möglichen Mietpreise anzusetzen und
Maklergebühren als Darlehen vorzustrecken. Lorenz vom SkF wünscht sich
einen Runden Tisch, an dem Notfälle zeitnah, ämter- und
sozialverbandübergreifend beraten werden.
Jobcenter: Angemessener Wohnraum
In Konstanz setzt das Jobcenter Grenzen für angemessenen Wohnraum,
dessen Kosten übernommen werden. Grundlage soll der Mietspiegel sein.
Oft sind angebotene Wohnungen aber viel teurer.
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