Freitag, 4. Juli 2014

Super-Gau: Jobcenter Konstanz lässt Kinder Obdachlos werden!

Sozialarbeiter vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und der Wohnungslosenhilfe AGJ schlagen in Konstanz Alarm:

Entscheidungen des Jobcenters verschärfen die Lage für Hartz-IV-Empfänger auf dem sowieso schon extrem schwierigen Wohnungsmarkt. Sie fordern das Jobcenter auf, alle Ermessensspielräume zu nutzen, um Obdachlosigkeit unter Hartz-IV-Empfängern zu vermeiden. „Der Wohnungserhalt muss das oberste Ziel sein“, sagt Jörg Fröhlich von der AGJ.

Hartz-IV-Empfänger finden nur schwer eine Wohnung
Claudia Eisenmann, Teamleiterin des Fachbereichs Beratung beim SkF, und Sozialarbeiterin Gabriele Lorenz schildern den Fall einer Alleinerziehenden mit zwei Kindern, die ihre Wohnung verlor, weil das Jobcenter nach einem halben Jahr nicht mehr die Differenz zwischen der als angemessen angesehenen Miete und dem tatsächlichen Preis bezahlte.
Die 90 Quadratmeter große Wohnung der ehemals gut verdienenden Frau kostete 1200 Euro warm, drei Personen stehen aber nach der Jobcenter-Tabelle nur 75 Quadratmeter zu 577 Euro Kaltmiete zu. Die Eltern haben jetzt die Familie in ihrer Zweizimmerwohnung aufgenommen.
Die Suche nach einer eigenen Wohnung, die dem Förderpreis des Jobcenters entspricht, dauert an.

Wenn Alleinerziehende und ihre Kinder das Obdach verlieren:
Eisenmann kann nicht verstehen, warum das Jobcenter durch das Einstellen der Zusatzzahlungen den Verlust der Wohnung hinnahm.

Eine Witwe und ihre Kinder werden ebenfalls Obdachlos
In einem anderen Fall habe eine Witwe mit drei Kindern eine Wohnung, die preislich innerhalb der Fördergrenzen gelegen hätte, nicht bekommen, weil das Jobcenter nicht bereit gewesen sei, die Maklergebühr als Darlehen vorzustrecken.

Katja Thönig, Bereichsleiterin der Geschäftsstellen Konstanz und Singen des Jobcenters, äußert sich nicht zu konkreten Fällen. Sie sagt aber allgemein, das Jobcenter könne als Darlehen Mietschulden übernehmen, um den Verlust einer Wohnung zu verhindern, allerdings erst, wenn die Kündigung anstehe.
So seien auch schon Wohnungsräumungen abgewendet worden. In ganz seltenen Fällen sei auch über die sechs Monate hinaus die Zahlung der Differenz zwischen angemessen erachteter und tatsächlicher Miete gezahlt worden, allerdings nicht weit über alle gesetzten Maße. In der Regel gelte: Die ersten sechs Monate übernehme das Jobcenter die Miete, egal wie hoch die Differenz zum Angemessenheitssatz sei, aber nur für diese Zeit. Die Klienten würden darüber aufgeklärt. Sie müssten sich um neuen Wohnraum kümmern, notfalls auch außerhalb der Stadtgrenzen. Maklergebühren würden in der Regel auch nicht als Darlehen übernommen, nur in ganz besonderen Ausnahmefällen.
„Wenn die Wohnung fehlt, wird alles noch schwerer“

Thönig versichert, es sei auch im Interesse des Jobcenters, dass die Klienten ihre Wohnungen behalten. Ziel sei es, die Menschen in Arbeit und ein finanziell selbstständiges Leben zu bringen. „Wenn die Wohnung fehlt, wird alles noch schwerer.“

Andererseits sei das Jobcenter an gesetzliche Grenzen gebunden. In Konstanz werde als Maßstab für angemessene Unterkunftskosten der qualifizierte Mietspiegel herangezogen. Konkret liegen die Preise, die das Jobcenter pro Quadratmeter Kaltmiete zahlt, je nach Wohnungsgröße zwischen 7,50 und 8,80 Euro. Da wegen langer Wartelisten geförderter Wohnraum kurzfristig nicht zur Verfügung steht, sind Mieter gezwungen, auf dem freien Markt zu suchen. Dort seien in Konstanz Angebote, die in die vom Jobcenter tolerierten Preise fallen, extrem rar, bestätigt Herbert Weber, Vorsitzender des Bodensee-Mieterbunds. Er geht davon aus, dass sich das Jobcenter immer am untersten Rahmen der Werte im Mietspiegel orientiert. „Er hat ja eine Spanne.“ Erschwerend komme hinzu, dass dieser jeweils den Markt der vergangenen vier Jahre abbildet. Aktuelle drastische Preissprünge bei Neuvermietungen fielen erst bei der nächsten Auflage ins Gewicht.

Herbert Weber erwartet mit dem neuen Mietspiegel, der im März 2016 herauskommen soll, einen „Quantensprung“ bei den Mietpreiswerten. Sozialarbeiter vom SkF und der AGJ fordern schon jetzt vom Jobcenter, die höchst möglichen Mietpreise anzusetzen und Maklergebühren als Darlehen vorzustrecken. Lorenz vom SkF wünscht sich einen Runden Tisch, an dem Notfälle zeitnah, ämter- und sozialverbandübergreifend beraten werden.

Jobcenter: Angemessener Wohnraum
In Konstanz setzt das Jobcenter Grenzen für angemessenen Wohnraum, dessen Kosten übernommen werden. Grundlage soll der Mietspiegel sein. Oft sind angebotene Wohnungen aber viel teurer.

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