Dienstag, 22. Juli 2014

BA missachtet vorsätzlich und täglich, viele Tausend mal geltende Gesetze und Urteile!

Willkürlich niedrige Mietobergrenzen bei Hartz IV: Verein Tacheles wehrt sich!

Gerade einmal 138,83 Euro bekommen alleinstehende Hartz-IV-Bezieher fürs Essen, 32,68 Euro für Strom und Instandhaltung, 24,62 Euro für Nahverkehr: Der monatliche Regelsatz von 391 Euro ist eng bemessen. Doch viele der bundesweit rund 3,33 Millionen von Hartz IV oder Grundsicherung betroffenen Haushalte müssen daraus zusätzlich einen Teil für die Miete abzwacken. Denn während Wohnkosten steigen, sind anerkannte Mietobergrenzen über Jahre gleichgeblieben. Ob in Wuppertal (Nordrhein-Westfalen) oder Magdeburg (Sachsen-Anhalt): Hartz-IV-Bezieher sollen Bleiben suchen, die es nicht gibt – oder sparen und zuzahlen.

In Wuppertal hat der Erwerbslosenverein »Tacheles« jetzt eine Kampagne »gegen rechtswidriges Kürzen der Unterkunftskosten« für Hartz-IV-Beziehende gestartet. Die Sozialbehörden der 350000-Einwohner-Stadt ignorierten permanent die aktuelle Rechtsprechung, kritisierten Harald Thomé und Frank Jäger von Tacheles am Sonntag. »Immer wieder seit 2011 hat das Sozialgericht Düsseldorf das Jobcenter Wuppertal dazu verurteilt, höhere Mieten zu übernehmen«, erklären sie. Den Beschlüssen sei durchweg ein Vorwurf zu entnehmen: Die Behörde halte sich nicht an die Vorgabe des Bundessozialgerichts, Wohnbedarfe nach einem »schlüssigen Konzept« zu ermitteln. Dies müsse »unverzüglich« geändert werden, fordern Thomé und Jäger. Betroffenen rät der Verein, sich zu wehren.

So ist zum Beispiel einem Gerichtsurteil vom Januar 2013 zu entnehmen, daß das Wuppertaler Jobcenter für Alleinlebende eine Kaltmiete von maximal 242,50 Euro anerkennt. Gerechnet wird mit maximal 4,85 Euro pro Quadratmeter. Zahlen Betroffene mehr, werden sie aufgefordert, innerhalb der nächsten sechs Monate in günstigere Räumlichkeiten umzuziehen. Ansonsten wird gekürzt. Das Gericht hält die Obergrenze für viel zu niedrig. Seiner Auffassung nach sind Quadratmeterpreise von bis zu 5,86 Euro angemessen. Dabei beruft es sich auf den städtischen Mietspiegel, laut dem für Wohnungen je nach Größe zwischen 5,49 und 6,11 Euro fällig sind. »Ist der Leistungsträger nicht in der Lage, ein schlüssiges Konzept zu präsentieren, muß er tatsächliche Kosten tragen«, gab das Sozialgericht vor. Die Obergrenze markierten Tabellenwerte im Wohngeldgesetz, zusätzlich seien konkrete örtliche Verhältnisse zu berücksichtigen. Die Sozialbehörde hält sich bisher nicht daran: Allein im März 2014 erkannte sie Mietkosten von insgesamt 257 216 Euro nicht an, wie eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigt. Pro Jahr spart das Jobcenter damit über drei Millionen Euro; betroffen sind 23422 Haushalte. »Für sie heißt das, daß sie die Beträge aus ihren ohnehin zu niedrigen Regelleistungen aufbringen und sich die Unterkunft mithin vom Munde absparen müssen«, rügten Thomé und Jäger.

In Magdeburg kämpfen Hartz-IV-Bezieher seit langem mit dem Problem. Seit 2005 hat das Jobcenter der 230000-Einwohnerstadt die Richtwerte für die Mieten nicht angehoben. Maximal 4,60 Euro Kaltmiete plus 2,40 Betriebs- und Heizkosten pro Quadratmeter gibt es dort für die 19400 von Grundsicherung abhängigen Haushalte, mehr nicht. Diese Werte stammen sogar noch aus dem alten Sozialhilferecht. Wie der MDR am Montag berichtete, »will« die Stadt die Zahlen, die bis heute jeder Grundlage entbehren, nun erstmal überprüfen. Gerade werde an einem schlüssigen Konzept gearbeitet, sagte Magdeburgs Sozialdezernent Hans-Werner Brüning (Linke) dem Sender. Die derzeitige Diskrepanz macht auch hier eine BA-Statistik deutlich: Tatsächlich zahlten Hartz-IV-Betroffene im September 2013 insgesamt etwa 7,5 Millionen Euro Warmmiete; erstattet wurden ihnen aber nur 7,1 Millionen. So »spart« das Jobcenter pro Monat rund 390000 Euro. Im Jahr summiert sich das immerhin auf knapp 4,7 Millionen. Brüning blieb theoretisch: Jobcenter zahlten ja nicht abstrakte Summen aus, sondern reale Mieten.
(Von Susanne Bonath Junge Welt)

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