Hartz IV: 200.000 Schüler "verschwunden"
Lehrkräftemangel?
Unglaublicher Hartz IV Skandal:
200.000 Schulabgänger /Ausbildungswillige verschwanden aus der Statistik!
Die Vermittlungszahlen des Jobcenters bei Ausbildungsplätzen in Bremen sind zu hoch gegriffen.
Viele Schulabgänger tauchen in der Statistik gar nicht erst auf.
Nur wer vom Sachbearbeiter als „ausbildungsreif“ eingeschätzt wird, gilt offiziell als Bewerber. Die anderen bekommen keine Vermittlung und werden nicht mehr gezählt.
Frage: Wer als "Ausbildungsreif und -fähig"
gelten darf, entscheiden jetzt also die Sachbearbeiter? Für was gibt es
dann noch Zeugnisse? Bis dato galt eigentlich die Entscheidung des
Lehrbetriebes.
Dabei sind schon die
offiziellen Vermittlungszahlen besorgniserregend:
Denn obwohl lediglich
ein kleiner Teil der 4.566 vom Jobcenter geführten BewerberInnen als
„unversorgt“ gilt, ist im vergangenen Jahr nur rund ein Drittel
von ihnen tatsächlich in regulärer Ausbildung gelandet. Der Rest steckt
in Fördermaßnahmen oder hat das Bewerbungsverfahren aus unklaren
Gründen verlassen.
Herausgefunden hat das alles eine kleine Gruppe angehender ErstwählerInnen. Sie trieb die Sorge um einen Ausbildungsplatz um – und
das trotz der neuen Jugendberufsagentur (JBA) und der
Ausbildungsplatzgarantie, die Arbeitssenator Martin Günthner (SPD) für
das kommende Ausbildungsjahr angekündigt hat.
Bei einem Projekt zur Wahl beschäftigten sich die SchülerInnen mit dem Thema und bekamen die Zahlen vom Senat.
Allerdings auf Umwegen: Auf der vergangenen Nacht der Jugend im Bremer Rathaus haben sie mit PolitikInnen über den Ausbildungsmarkt diskutiert.
Und weil dabei viele Fragen
offen geblieben sind, hat die SPD-Abgeordnete Sarah Ryglewski die
Anregung der Jugendlichen aufgegriffen und eine Anfrage an den Senat gestellt.
Das Ergebnis habe die
SchülerInnen beunruhigt, sagt der pensionierte Lehrer Hans-Wolfram
Stein. Er ist seit vielen Jahren Regionalkoordinator des
Jugendförderprogramms „Demokratisch Handeln“ und betreut das
Schülerprojekt zur Bürgerschaftswahl.
Politisch brisant ist die von seinen SchülerInnen herausgefundene Zählweise auch wegen der anstehenden Arbeitsplatzgarantie.
Sie betrifft schließlich die Frage, wie viele Menschen tatsächlich einen Anspruch darauf hätten. Eigentlich sieht das auch das Berufsbildungsgesetz so.
Gezählt werden müssten die „bei
der Bundesagentur gemeldeten Ausbildungsplätze suchenden Personen“ heißt
es dort – nicht nur die als „ausbildungsreif“ geltenden. „Mit dem
Schulabschluss sind sie berechtigt, eine Ausbildung anzufangen“, sagt
Stein – aussortiert würden sie ja erst vom Jobcenter.
Bevor die Schüler im Mai
erstmals wählen dürfen, mischen sie sich in den Wahlkampf ein. An der
Gesamtschule Ost beteiligt sich ein ganzer Jahrgang an dem Projekt, dazu
kommen weitere Klassen von fünf verschiedenen Schulen. Und nach der
Wahl wollen sie auf Bundesebene weitermachen.
Unterstützung könnten sie da
auch bei den Gewerkschaften finden: auch beim DGB wird die Zählweise
kritisiert, da sie die Verantwortung von den nicht ausbildenden
Betrieben auf die Betroffenen abwälze.
Noch gar nicht die Rede ist
dabei von den Jugendlichen, die sich eigenmächtig auf die Suche nach
einem Platz machen, weil sie vom Jobcenter nichts erwarten.
Zumindest deren Erfassung soll durch die neue JBA verbessert werden.
Unumstritten ist das nicht:
Die Linke
hatte vergangene Woche datenschutzrechtliche Bedenken geäußert und
angemahnt, dass mit der bloßen Verwaltung und Sanktionierung der
Jugendlichen nichts besser werde (taz berichtete).
Für die Zahlen aber, die von den
SchülerInnen gefordert werden, bräuchte es kein neues Verfahren. Es gab
sie schon mal: Bis 2006 wurden alle BewerberInnen gezählt, heute nur
die „reifen“!
...Unfassbar!
Rund 200.000 Ausbildungswillige verschwanden damit plötzlich aus der Statistik und befeuerten die öffentliche Diskussion um den Fachkräftemangel.
Für Stein wären die tatsächlichen Zahlen ganz leicht zu beschaffen, wenn man denn wollte: Man müsse nur vor der Einschätzung der Ausbildungsreife „einen Strich auf einem Zettel machen“.
Die SchülerInnen diskutieren mit den Abgeordneten: am 29. April um 11.30 Uhr in der Aula der Gesamtschule Ost(Quelle: TAZ)
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