Schluss mit der "Zwangsarbeit" / Zwangsmaßnahmen bei den Jobcentern!
Europäische Menschenrechtskonvention
Abschnitt I - Rechte und Freiheiten (Art. 2 - 18)
Artikel 4
Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt
a) eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der
unter den Voraussetzungen des Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die
bedingt entlassen worden ist;
b) eine Dienstleistung
militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im
Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die
Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;
c) eine
Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das
Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
d) eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.
Als Zwangsarbeit wird eine Arbeit bezeichnet, zu der ein Mensch unter
Androhung einer Strafe oder eines sonstigen empfindlichen Übels gegen
seinen Willen gezwungen wird. Sie ist – mit verschwimmenden Übergängen –
die schärfste Form der Arbeitspflicht. Sklaverei und Leibeigenschaft
beschreiben ein ähnliches Abhängigkeitsverhältnis, bei dem der Mensch
als Eigentum und Objekt des Menschenhandels im Vordergrund steht.
Definition und internationale Vereinbarungen
Unterzeichnerstaaten der ILO-Konvention zur Abschaffung der Zwangsarbeit von 1957
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) definierte bereits 1930 in
Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens über Zwangs- und Pflichtarbeit die
Zwangsarbeit als unfreiwillige Arbeit oder Dienstleistung, die unter
Androhung einer Strafe ausgeübt wird. Die Zwangsarbeit sollte bis auf
die in Abs. 2 des Übereinkommens aufgeführten Tatbestände abgeschafft
werden: Militärdienst, übliche Bürgerpflichten, Arbeit im Strafvollzug,
notwendige Arbeit in Fällen höherer Gewalt und Arbeit, die dem
unmittelbaren Wohl der Gemeinschaft dient.
Die ILO verbietet den Einsatz von Zwangsarbeit
als Mittel politischen Zwanges oder politischer Erziehung oder als
Strafe gegenüber Personen, die gewisse politische Ansichten haben oder
äußern oder die ihre ideologische Gegnerschaft gegen die bestehende
politische, soziale oder wirtschaftliche Ordnung bekunden;
als Methode der Rekrutierung und Verwendung von Arbeitskräften für Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung;
als Maßnahme der Arbeitsdisziplin;
als Strafe für die Teilnahme an Streiks;
als Maßnahme rassischer, sozialer, nationaler oder religiöser Diskriminierung.
ILO Kernarbeitsnormen
Die Grundprinzipien der ILO
Vier Grundprinzipien bestimmen Selbstverständnis und Handeln der ILO:
Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen
Beseitigung der Zwangsarbeit
Abschaffung der Kinderarbeit
Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf
Diese Grundprinzipien haben in acht Übereinkommen, die auch als
Kernarbeitsnormen bezeichnet werden, ihre konkrete Ausgestaltung
erfahren:
Übereinkommen 87 - Vereinigungsfreiheit und Schutz des Vereinigungsrechtes, 1948
Übereinkommen 98 - Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen, 1949
Übereinkommen 29 - Zwangsarbeit, 1930 und Protokoll von 2014 zum Übereinkommen zur Zwangsarbeit, 1930
Übereinkommen 105 - Abschaffung der Zwangsarbeit, 1957
Übereinkommen 100 - Gleichheit des Entgelts, 1951
Übereinkommen 111 - Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958
Übereinkommen 138 - Mindestalter, 1973
Übereinkommen 182 - Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, 1999
Die vier Grundprinzipien beschränken sich allerdings nicht auf die acht
Kernarbeitnormen; als tragende Orientierungs- und Handlungsmaximen der
ILO durchziehen sie eine Vielzahl anderer Übereinkommen und
Empfehlungen.
Die ILO-Erklärung über grundlegende Rechte bei der Arbeit (1998)
Die ILO-Kernarbeitsnormen haben im Juni 1998 eine besondere politische
Aufwertung erfahren, als die "Erklärung über die grundlegenden
Prinzipien und Rechte bei der Arbeit " auf der 86. Tagung der
Internationalen Arbeitskonferenz ohne Gegenstimme angenommen wurde.
Damit bekennen sich alle Mitgliedstaaten der Organisation ausdrücklich
zu den Kernarbeitsnormen. Die Erklärung beginnt mit einer eindeutigen
Positionsbestimmung. Sie betont
(...) dass die Gründung der
ILO in der Überzeugung erfolgte, dass soziale Gerechtigkeit eine
wesentliche Voraussetzung für einen dauerhaften Weltfrieden ist; dass
wirtschaftliches Wachstum wesentlich ist, aber nicht ausreicht, um
Gerechtigkeit, sozialen Fortschritt und die Beseitigung von Armut zu
gewährleisten; dass die ILO dafür sorgen muss, dass im Rahmen einer
globalen Strategie für wirtschaftliche und soziale Entwicklung sich die
Wirtschafts- und Sozialpolitiken gegenseitig verstärken, damit eine
breit angelegte dauerhafte Entwicklung geschaffen wird."
Die
Erklärung ist eine Konsequenz daraus, dass die internationale
Gemeinschaft auf dem Weltsozialgipfel in Kopenhagen 1995 universelle
soziale Regeln zur Begleitung der Globalisierung einforderte. Die ILO
leitete daraufhin zunächst eine intensive Kampagne ein, um die Zahl der
Ratifikationen der Kernarbeitnormen zu erhöhen. Zwar konnte sich das
Ergebnis durchaus sehen lassen, gleichwohl gab es weiterhin eine große
Zahl von Mitgliedstaaten, die weit von der Ratifizierung der
Kernarbeitsnormen entfernt waren. Aus dieser Situation heraus entstand
dann wenige Jahre später die Überlegung, den Prozess mit der feierlichen
Erklärung über die grundlegenden Rechte bei der Arbeit verstärkt
voranzutreiben.
Der Erfolg blieb nicht aus. Bislang haben über
138 ILO-Mitgliedsstaaten alle Kernübereinkommen ratifiziert. Zu ihnen
gehört auch Deutschland (siehe Überblick).
Bei dem 1999
verabschiedeten Übereinkommen zur Kinderarbeit (Ü 182), das den
Kernübereinkommen zugerechnet wird, ist die Intensität des
Ratifizierungsgeschehens in der Geschichte der ILO ohne Beispiel. Bisher
haben mehr als 179 Mitgliedsstaaten dieses Übereinkommen ratifiziert.
Folgemechanismus
Die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Pflichten
sollen durch einen regelmäßigen Folgemechanismus überprüft werden. Dazu
müssen die Mitgliedstaaten jährlich über ihre Aktivitäten zur
Durchsetzung der Grundprinzipien berichten. Aus diesen Berichten
erstellt der Generaldirektor der ILO einen Gesamtbericht, der die
Situation weltweit wiedergibt und der Internationalen Arbeitskonferenz
zur Beratung vorgelegt wird. Dabei soll auch die technische Hilfe der
ILO in diesem Bereich dargelegt und erörtert werden. Die laufende
Berichterstattung soll mithin "als Grundlage für die Bewertung der
Wirksamkeit der von der Organisation geleisteten Unterstützung und für
die Festlegung von Prioritäten dienen", wie es in der Erklärung heißt.
Mit diesem Folgemechanismus greift die Erklärung auf Bewährtes zurück.
Schon die Verfassung der ILO erlegt den Mitgliedstaaten bestimmte
Berichtspflichten auf. Zu unterscheiden sind Berichte über die Anwendung
ratifizierter Übereinkommen und solche, die sich mit der Frage
befassen, warum ein Land ein Übereinkommen noch nicht ratifiziert hat.
Für Staaten, die die Kernarbeitnsormen nicht ratifiziert haben, wird die
Berichterstattung durch die Erklärung deutlich erweitert. Auch müssen
sie sich künftig einer konkreten Überwachung ihrer Gesetzgebung und
Praxis unterziehen.
Kein Instrument des Protektionismus
Die
Erklärung ist als Appell an die Mitgliedstaaten der ILO und an die
Organisation selbst zu verstehen. Sie will ermutigen, fördern,
Handlungsimpulse geben. Sanktionsmöglichkeiten können aus ihr nicht
abgeleitet werden. In der Erklärung wird vielmehr hervorgehoben, dass
die Normen der ILO , die Erklärung selbst und ihre Folgemaßnahmen nicht
für handelsprotektionistische Zwecke verwendet werden dürfen. Diese
eindeutige Feststellung war eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass
die feierliche Erklärung ohne Gegenstimme angenommen wurde.
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Folgende Gesamtberichte sind im Rahmen der Folgemaßnahmen zur Erklärung
der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit
erschienen:
Your Voice at Work, dt. Mitsprache am Arbeitsplatz , 2000, zu "Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen",
Stopping Forced Labour, dt. Schluss mit der Zwangsarbeit , 2001, zur "Beseitigung der Zwangsarbeit",
A Future without Child Labour, dt. Eine Zukunft ohne Kinderarbeit ,
2002, zum "Verbot und Beseitigung der schlimmsten Formen der
Kinderarbeit",
Time for Equality at Work, dt. Gleichheit bei der
Arbeit - Ein Gebot der Stunde , 2003, zur "Diskriminierung bei der
Arbeit",
Organising for Social Justice, dt. Sich
zusammenschließen für soziale Gerechtigkeit , 2004, zu
"Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen",
A
Global Alliance Against Forced Labour, dt. Eine globale Allianz gegen
Zwangsarbeit, 2005, zur "Beseitigung der Zwangsarbeit".,
The
end of child labour: Within reach, dt. Das Ende der Kinderarbeit - Zum
Greifen nach , 2006 zweiter Bericht "Verbot und Beseitigung der
schlimmsten Formen der Kinderarbeit",
Equality at work. Tackling
the challenges, dt: Gleichheit bei der Arbeit: Den Herausforderungen
begegnen , 2007, zweiter Bericht zu"Diskriminierung bei der Arbeit"
Freedom of association in practice: Lessons learned, dt:
Vereinigungsfreiheit in der Praxis: Gesammelte Erfahrungen , 2008,
dritter Gesamtbericht zu "Vereinigungsfreiheit und Recht auf
Kollektivverhandlungen"
The cost of coercion, dt: Die Kosten der Zwangs , 2009, dritter Gesamtbericht zur "Beseitigung der Zwangsarbeit"
Accelerating action against child labour, dt: Das Vorgehen gegen
Kinderarbeit forcieren , 2010 dritter Gesamtbericht zum "Verbot und
Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit"
Equality at
work: The continuing challenge, dt: Gleichheit bei der Arbeit: Die
andauernde Herausforderung , 2011, dritter Gesamtbericht zur
"Diskriminierung bei der Arbeit"
Erklärung der IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung (2008)
Im Juni 2008 nahm die Konferenz auf ihrer 97. Tagung die Erklärung der
IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung an. Die
Erklärung verankert „in Anlehnung an die Erklärung der IAO über
grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und ihre
Folgemaßnahmen und in deren Bekräftigung“ die Einhaltung, Förderung und
Verwirklichung der grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit
als eines der vier gleichermaßen wichtigen strategischen Ziele der IAO.
Nach der Erklärung von 2008 gibt es vier gleich wichtige strategische
Ziele der Internationalen Arbeitsorganisation: 1) Förderung von
Beschäftigung, 2) Entwicklung und Stärkung von Maßnahmen des sozialen
Schutzes, 3) Förderung des sozialen Dialogs und der Dreigliedrigkeit und
3) Achtung, Förderung und Verwirklichung der grundlegenden Prinzipien
und Rechte bei der Arbeit. Als Bericht zur wiederkehrenden Diskussion
im Rahmen der Erklärungen von 1998 und 2008 erschien zur 101. Tagung der
Internationalen Arbeitskonferenz 2012
Fundamental
principles and rights at work: From commitment to action, dt:
"Grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit: Vom Engagement zum
Handeln"
Im Jahr 2012 präsentierte der Generaldirektor auch
den Bericht über die Durchführung des Programms der IAO für 2010-11, den
Leistungsbericht gemäß dem Strategischen grundsatzpolitischen Rahmen
2010-15 Report of the Director-General - ILO Programme Implementation
2010-11, dt. Durchführung des Programms der IAO 2010-11 .
Im
Jahr 2013 legte der neue Generaldirektor seinen ersten Bericht der
Internationalen Arbeitskonferenz vor, in dem er die die Kräfte
untersucht, die die Realitäten der Welt der Arbeit umgestalten, und die
innovativen Maßnahmen, die auf Seiten der IAO erforderlich sind, um ihre
Fähigkeit zur Erfüllung ihres Mandats der sozialen Gerechtigkeit zu
erneuern.
Towards the ILO centenary: Realities, renewal and
tripartite commitment, 2013, dt. Auf dem Weg zum hundertjährigen
Bestehen der IAO: Realitäten, Erneuerung
+FHP: Freie Hartz IV Presse by Perry Feth
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